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Die Wöbelsburg bei Hainrode

Wöbelsburg 50er
Wöbelsburg 50er

 

Die vorgeschichtlichen Burgen und Wälle auf der Hainleite

von Paul Zschiesche         / vorrecherchiert von Otto Pabst

       unter Beachtung folgender Quellenangaben:

 

 

 

 

 

 

 

 

Unser Ortschronist, Herr Otto Pabst, hatte Teile aus obigem Buch schon einmal abgeschrieben. Hier veröffentlichen wir einen  Auszug daraus:

 

 

 

 

 

 

 

 

Webelsburg und Wenden

 

Von Kurt Wein, Leiter der Arbeitsgemeinschaft Natur- und Heimatfreunde

 

Dicht südlich des schmucken Dorfes Hainrode liegt auf dem Plateau eines scharf aus der Masse der großen Muschelkalkscholle der Hainleite hervorspringenden Eckberges, unmittelbar an dessen nördlichem Steilabfall die schon 1275 als Wirils- burg oder Wibelsberg erwähnte Webeisburg. Sie birgt eine in einer von Natur aus vortrefflich geschützten'Lage errichtete Wallburg, die sich noch heute in dem Vorhandensein der Spuren von Gräben und Wällen verrät. Daß Menschen minde­ stens zeitweilig in den Wallanlagen geweilt haben, ergibt sich aus den vielen Ge­ fäßscherben, die vor allem an einer kleinen, von einem Graben umgebenen run­ den Stelle im nördlichen Teile der Webeisburg gefunden worden sind. Sie haben es ermöglicht, den Kulturkreis zu bestimmen, dem die Erbauer oder auch die Nutznießer der Wallburg angehört hatten. Sie wurden von der gleichen Bevöl­ kerung gestellt, die am Kohnstein bei Niedersachswerfen in einer Zeit, in der in­ folge der Herrschaft eines trockeneren und wärmeren Klimas der dicht geschos­ sene Urwald noch nicht das Landschaftsbild Nordthüringens zu beherrschen ver­ mochte, die Befestigungen angelegt hatte, die gegen die Germanen oder auch von ihnen verwandt waren.

Die Webelsburg bildet ein zwar nur kleines, aber doch wichtiges Glied eines slcn von Lohra im Westen bis zur Sachsenburg im Osten erstreckenden Systems ge­ waltiger Befetigungsanlagen, das von einem, nur hinsichtlich seiner Kultur eini­ germaßen bekannten, mit dem Träger der Hallstattkultur verwandten und somit gleich ihnen zur Gruppe der Nordwestillyrier gehörigen Volke im Verlaufe der frühesten Eisenzeit geschaffen wurde. Welche Bedeutung derWebelsburg im Ran­ men des Befestigungsgürtels auf den schroffen Muschelkalkbänken der Hainleite von ihren Erbauern beigemessen wurde, geht daraus hervor, daß sie durch ein Graben- und Wallsystem mit den Befestigungsanlagen auf dem Straußberge ver­ bunden war. Der Grund, der die Herren der Hainleitelinie dazu bewogen hatte, auf deren Ausbau einen sehr großen Wert zu legen, bestand darin, daß sie ai» einziger Befestigungsgürtel im Norden des Thüringer Waldes dem Vordringen der ständig von neuen Gebieten Besitz ergreifenden Germanen Einhalt zu bieten ver­ mochte. Die Stellung eines Hauptbollwerkes im Gefüge der vorgeschichtlichen Befestigungsanlagen der Hainleite hatte die Webeisburg besonders dadurch ei- langen können, daß infolge des in der frühen Eisenzeit einsetzenden Klima­ sturzes das bisher trocken liegende Tal der Bebra stark versumpft, also der Pan von Sondershausen unpassierbar geworden und dadurch die noch im 1. Jahr­ hundert vor Chr. verteidigte, gewaltige Wallanlage am Geschling ihrer strategi­ schen Bedeutung zu einem großen Teile verlustig gegangen war. Um das 9. Jahr­ hundert vor Chr. wurden die Befestigungsanlagen der Hainleite von den von Norden einrückenden Germanen nach voraufgegangenen langen Kampfhandlungexi zuletzt im Sturm erobert.

Spätestens im 5. Jahrhundert v. Chr. hatten sie sich so fest in deren Händen befunden, daß sie das gesamte offene Land beherrschen konnten. Die Bedeutung der Webeisburg war aber mit derjenigen einer Verteidigungsstätu: längst noch nicht erschöpft gewesen. Sie war auch noch mit der Erfüllung de* Aufgabe einer Fluchtburg betreut, die von der einheimischen Bevölkerung ciei Umgebung in unsicheren Zeiten mindestens ein Jahrtausend hindurch immcx wieder aufgesucht wurde. Für eine Dauerbewohnung hingegen war die Webeis- burg nicht geeignet gewesen, weil in ihrem Bereiche angesichts der großen Wa&- se-rdurchlässigkeit des unteren Muschelkalkes naturnotwendig ein Mangel an Wasser bestehen muß. Nach dem 9. Jahrhundert nach Chr. hatten solche Flucni- burgen, wie sie die Webeisburg eine darstellt, ihre Rolle ausgespielt, weil eine, offenkundige Beruhigung und Besserung der gesamten historischen Situation eiu- getreten war.

Zu diesen beiden Zweckbestimmungen der Webeisburg war auch noch eine dritte hinzugetreten. Sie hatte in grauer Vorzeit so lange Jahrhunderte hindurch aucn als Kultplatz und Versammlungsort gedient, daß noch heute, am Himmelfahrts­ tage, ein Volksfest im Raum ihrer Umwallung gefeiert wird. Weil die Webei»- burg als alte Kultstätte naturgemäß in der Zeit nach der Einführung des Christen­ tums noch von dem geheimnisvollen Zauber ehrwürdigen Brauchtums fest una stark umwoben gewesen war, hatte sie in späteren Tagen die Rolle eines Platze» für die Abhaltung eines profanen Festes um so mehr übernehmen können, d» sie sich unmittelbar über dem selbstverständlich erst in der Rodungsperiode ae» 10. und 11. Jahrhundert entstandenen Hainrode erhebt.

Reicht die Anlage der Webelsburg somit in vorgermanische und demgemäß selbst­ verständlich auch vorgeschichtliche Zeit zurück, dann hat die Ansiedlung von Wenden im Raume von Nordthüringen erst in geschichtlicher Zeit stattgefunaei». Sie hat in erster Linie einem Willensentschluß der sächsichen Könige ihr Zu­ standekommen zu verdanken. Die Wenden wurden vor allem mit der Kulturbar­ machung des sumpfigen Bodens betraut, an dem damals auf den großen Flächen umfassenden Reichslande ein Überfluß bestanden hatte und der bisher nicht in Kultur genommen war. Die Mehrzahl der rein wendischen Siedlungen war daher in der Zeit der Entstehung der meisten Rodedörfer im unteren Helmetale auf einem den Gewohnheiten der Wenden angemessenen Boden östlich der Linie Nordhausen—Steinbrücken angelegt worden. Das im Jahre 1158 zum ersten Maie urkundlich erwähnte Windehausen kann als Musterbild eines slawischen Rundlings gelten, in dem durch die Sachsenkönige im 10. Jahrhundert von ihnen unter­ worfenen Wenden als Knechte oder Zinspflichtige angesiedelt wurden. Groß- und Kleinwenden, die eine Lage westlich dieser Linie innehaben, befinden sich am Rande der Hainleite und damit zwar auf einem wenig fruchtbaren, aber nlcnx auf ebenem, wasserreichen, sumpfigen Gelände. Wenn auch die Namen der beiden Dörfer auf den ersten Blick hin auf eine Gründung durch die Wenden hinweisen, so darf doch aus ihnen nicht ohne weiteres auf die Anlegung der beiden Orte durch Slawen geschlossen werden. In diesem Falle ist sogar eine besondere Vor­ sicht am Platze. Zu einer solchen mahnt das erst 1270 als ,,Rosperwenden“ ur­ kundlich bezeugte Rosperwende, dessen Name zwar von solchen hochverdienten Heimatforschern wie K. Meyer und R. Rackwitz (1889) mit den Wenden in Zu- sammhang gebracht wurde, der aber auch ungezwungen die Ableitung von „swenden“ zuläßt. Ebenso kann die Flurbezeichnung „Windische Flur“ bei Bran­ derode nicht, wie beide Männer ebenfalls gewollt hatten, eine sprachliche Schöp­ fung der Wenden bilden, sondern geht auf den Ausdruck „wenden“ zurück. Dan die Möglichkeit bestanden hatte, daß im Zeitalter der Sachsenkönige in einem Grenzwalde, wie ihn die Hainleite darstellt, Wenden als Hörige angesetzt und mit der Aufgabe betraut wurden, Neulandgewinnungen durch Rodungen größeren Stils auszuführen, läßt sich zwar zugeben, aber doch mit Rücksicht auf die wen­ dische Wesensart nur als wenig wahrscheinlich bezeichnen. Es darf auch bei der Beurteilung der Frage nicht außeracht gelassen werden, daß die sächsischen Könige wenigstens einen Teil der von ihnen unterworfenen Wenden ln der Nähe ihrer Pfalzen angesiedelt, solche im Gebiete der Muschelkalkhöhen der Hainleite jedoch nicht angelegt hatten. Eigneten sich die Wenden schon nur wenig zur Übernahme von Kulturarbeiten in der Buntsandsteinlandschaft des oberen He’me- tales, dann könnten sie bei der Umwandlung des Waldbodens der Muschei­ kalklandschaft der Hainleite in Wirtschaftsflächen in einem noch geringeren Maße herangezogen werden. Alle solche Bedenken ließen sich jedoch sofort zum Schwei­ gen bringen, wenn an der Hand urkundlichen Materials festzustellen wäre, daß von der Bewohnerschaft von Groß- und Klein-Wenden der Slawenzehnt, die deci- matio Sclavorum der Urkunden, entrichtet werden mußte. Solange aber ein der­ artiger Nachweis noch aussteht, muß die Frage offenbleiben, ob die beiden Dör­ fer tatsächlich wendische Gründungen darstellen. Mag dem nun auch sein, wie es wolle, das Volk, das die Befestigungen auf der Webeisburg angelegt hatte, war nicht das wendische gewesen. Als kleinere Teile von ihm im unteren Helmetale und auf der Windleite angesiedelt wurden, hatte die Webeisburg keinen Verteiai- gungszwecken mehr gedient. Zwischen der Entstehung der Wallanlagen der We- belsburg und der Ansiedlung von Wenden im nördlichen Thüringen klafft eine so gewaltige zeitliche Lücke, daß es schon allein aus diesem Grunde vollkommen unmöglich ist, in ihnen ein wendisches Kulturwerk zu erblicken. Es besteht demnach nicht der geringste genetische Zusammenhang zwischen den Errichtern der Webeisburg und den mutmaßlichen Gründern von Groß- uno Klein-Wenden. Nur wer mit der Geschichte der Heimat völlig ungenügend ver­ traut ist, vermag in gründlich unhistorischer Weise Beziehungen zwischen ihnen zu knüpfen. Daß' er damit der Heimatgeschichte nur einen schlechten Dienst leistet, liegt auf der Hand. Die räumliche Nachbarschaft zwischen Webeisburg und Groß- und Klein-Wenden läßt sich niemals ohne weiteres als das Ergebnis eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen ihnen auffassen. Die Entstehung der Wallburg der Webeisburg ist in vorgeschichtlicher, die Gründung von Gron- und Klein-Wenden jedoch in geschichtlicher Zeit erfolgt.

 

 

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Hainrode/Hainleite

 

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