Wette, Legende, Historie - der Hünstein
Wette, Legende, Historie - der Hünstein
Dienstag, 11. Februar 2014, 08:32 Uhr
Unweit der Landkreisgrenze Nordhausens, über Hainrode, liegt die Wöbelsburg. Gewaltig ragt aus der Hainleite dieser mächtige Berg aus grauen Muschelkalk in die Höhe. Nach drei Seiten hin fallen steile Felswände ab. Auf seiner Kuppe liegen die Reste einer alten Wallburg aus der frühen Eisenzeit...
Vor vielen, vielen Jahren verbargen sich in Zeiten der Gefahr hier oben Menschen. Ihre Behausungen standen am Fuße des Berges. Damals waren die Zeiten gefährlich. Oft brachen Feinde ein. Dann blieb den Menschen als einziger Unterschlupf noch der Berg, dessen Felsen schwer ersteigbar waren.
So bauten die Hüttenbewohner hier oben eine Fluchtburg, die sie und ihr Hab und Gut in Gefahrenzeiten aufnehmen konnte. Die Verbindung des Berges zur Hainleite hin sicherten sie durch einen Wall. Seine Reste aus Erde und Steinen sehen wir noch heute. Dieser Wall mit vorgelegten Graben beginnt am Steilhang im Westen, verläuft zuerst in östlicher, dann in nördlicher Richtung, um wiederum am Steilhang zu enden.
Sicher wurden hier oben auch früher den alten Göttern geopfert, so z.B. bei der Sonnenwende. Vielleicht auch mögen im Sommer ihre mächtigen Feuer zum nächtlichen Himmel gelodert haben. Aus dem aufsteigenden Rauch deuteten die Bewohner des Tales Wohlgefallen oder Zorn ihrer Götter. Weit schweift von ihr oben aus der Blick über das Land. Zu den Sehenswürdigkeiten im Wippertal, unweit von Nohra, zählt auch ein stehender, dreieckiger Stein.
Es handelt sich hier um einen sogenannten „Menhir“. Im Volksmund wird dieser sagenumwobene Stein auch „Hünenstein“ oder „Hunnenstein“ genannt. Eine alte Sage erzählt, dass vor Zeiten in der Gegend der Wöbelsburg der Riese Wöbel hauste. Eines Tages stand der Hüne mit seiner Riesenfrau auf der Wöbelsburg und beide schauten hinab in das Wippertal zu ihren Füßen. Zum Spaß langte die Riesin nach einem zentnerschweren Felsbrocken und meinte, sie wolle ihn ins Tal hinunter bis über die dort verlaufende Wipper werfen. Ihr Mann, Wöbel, bezweifelte, dass seinem Weibe, obwohl sie mit mächtigen Muskelkräften ausgestattet war, dieser Wurf gelingen könnte.
Er versprach, wenn sie diese Leistung mit ihrem Arm genauso zustande brächte wie mit dem Mundwerk, der Eheliebsten einen sehnlichsten Wunsch zu erfüllen, nämlich das Dorf Nohra in eine Stadt umzuwandeln. Die Hünenfrau holte mit ungeheurem Schwung aus, doch ihr wuchtiges steinernes Geschoß verfehlte das vorgegebene Ziel.
Der Riesengatte hatte wieder einmal recht behalten. Und wie dies zwischen Mann und Frau zu sein pflegt, ließ er es darüber an Spott und höhnischen Bemerkungen nicht fehlen. Das versetzte die Riesin in Wut so, dass sie dem Stein hinterher sprang und voll Zorn und in Ingrimm ihre Zähne darin verbiss. Die Spuren davon sind noch immer an dem Hünenstein zu erkennen, der an der Straße zwischen Nohra und Wolkramshausen liegt.
Eine andere Sage berichtet, dass unter dem Stein ein hunnischer Heerführer begraben liegen soll, deshalb auch der Name „Hunnenstein“. In Wirklichkeit aber wurde dieser dreieckige Muschelkalkstein, der 1,40 Meter hoch ist, 1,20 Meter bis 0,60 Meter breit und eine natürliche Durchbohrung von 3 x 10 cm hat, südlich vom heutigen Standort in der Flur des sogenannten „Steinernen Bett“ gefunden.
Von den Wissenschaftlern wird er mit einem 400 Meter westlich vom ersten Standort ausgegrabenen frühbronzezeitlichem Gräberfeld in Verbindung gebracht. Dieser von Menschenhand grob zugearbeitete Stein wurde wahrscheinlich hochkantig auf einem Grabhügel errichtet und schmückte diesen. In ganz Thüringen gibt es an Menhire nur wenige Exemplare. Um dieses materielle Zeugnis der Vergangenheit zu erhalten, ist er geschützt.
Horst Rasemann