Erinnerung an die Opfer des Grubenunglückes 1942
Teil1 / am 14.01.2014 in nnz
mit Anmerkung vom HMV
Heimatgeschichte: 145 Tote
Zwischen Kleinfurra und Wolkramshausen befindet sich noch eine ehemalige Schachtanlage. In diesem Areal, teilweise schon mit Wildwuchs und Unkraut überwuchert, befinden sich noch als markante Zeichen ein alter Rückstandsberg und Hallen. Heute startet die nnz mit Beiträgen zur Heimatgeschichte von Horst Rasemann...
Für manchen Betrachter stellt sich hier die Frage nach dem Sinn und die Geschichte dieser ehemaligen großen Anlage, denn wohl nur wenigen der heutigen jungen Menschen ist die einstige Bedeutung bekannt.
Für viele der älteren Bürger z.B. der Dörfer Immenrode, Dietenborn, Groß- und Kleinberndten, Hainrode, Nohra, Wipperdorf, Wolkramshausen, Wernrode, Straußberg, Klein- und Großfurra, Werther sowie der Stadt Nordhausen, ist dieses Gelände mit einer leidvollen Erinnerung verbunden.
Es hat eine lange und zeitweise unrühmliche Historie hinter sich. Hier befand sich in der damaligen preußischen Provinz Sachsen, der ehemalige Schacht „Ludwigshall“, deren Schachtröhre von der Deutschen Tiefbohrgesellschaft Nordhausen 1907 fertiggestellt wurde. Zuvor hatte der Fürst von Schwarzburg-Sondershausen 1902 die Genehmigung erteilt 60 m vor der Landesgrenze, in der schwarzburger – rudolstädter Exklave, den Schacht „Immenrode“ zu errichten.
Etwa 1907 wurde dann auch die Firma „Elektrizitätswerke und Chemie Fabriken G.m.b.H. Wolkramshausen“ gegründet, die den Kraftstrom für die beiden Werke liefern sollten. Die Entwicklung der Kaliindustrie in unserer Gegend bewirkte eine gewaltige soziale Veränderung. Viele Leute die bisher nur in der Landwirtschaft ihr karges Brot verdient hatten, fanden jetzt andere, besser bezahlte Arbeit. Straßenverhältnisse verbesserten sich durch Neubau, eine Betriebseisenbahn zum Bahnhof Kleinfurra entstand und die Arbeitersiedlung am Rüxleber Zoll wurde gebaut.
1908 erfolgte unter Tage der Durchschlag zwischen den Schächten „Ludwigshall“ und „Immenrode“ und im selben Jahr wurde über Tage auch eine Drahtseilbahn mit 1,6 km Länge in Betrieb genommen. Über sie wurde das Kali des Schachtes „Immenrode“ zur chemischen Fabrik Wolkramshausen befördert. Desweiteren wurden in Hain zwei weitere Schächte geteuft. Das aus diesen Schächten geförderte Canallit wurde ebenfalls mittels Seilbahn nach Wolkramshausen geschafft. Zur Umgehung des Dorfes Rüxleben wurde westlich der Ortslage eine Winkelstation angelegt.
In dieser Zeit wurden bis
zu 700 Mann beschäftigt,
davon 80 Mann aus Hainrode.
Neue Familien zogen zu:
Oscar Cotte, Karl Cotte, Schlimme, Tronier, Gemmerich, Breuning, Beck;
Die KCL-Fabrik Wolkramshausen war die größte des Südharzes. Schacht „ Immenrode“ und „Ludwigshall“ gehörten beide zum Konzern Deutsche Kaliwerke AG in Bernterode und dann zum Konzern Wintershall AG in Kassel. Bereits 1924 war letzterer Konzern gezwungen die weniger rentableren Gruben aus unserem Heimatgebiet wegen Absatzschwierigkeiten zu schließen. Viele hundert Männer waren sofort arbeitslos. Es begann in unserer Gegend ein großes Elend unter der Bevölkerung.
1936 wurde von der Reichswehr, der späteren Hitlerwehrmacht, in der 1926 stillgelegten Schachtanlage „Ludwigshall“ ein unterirdisches Munitionsdepot angelegt.
Die fertiggestellten Munitionslagerräume erstreckten sich über zehn „Teilsohlen“. Da bereits 1937 die Lagerkapazität nicht mehr ausreichte, beschloss man den mit Ludwigshall unterirdisch verbundenen Schacht „Immenrode“ bei Straußberg, mit einzubeziehen. In unmittelbarer Nähe des Steinweges von Kleinfurra nach Wernrode wurde dann 1939 von der HMA (Heeresmunitions-anstalt) Wolkramshausen, nach zweijähriger Bauzeit, ein dazugehöriges Fertigungsgebiet, das sogenannte F-Gebiet, in Betrieb genommen.
In fünf Hallen bzw. Häusern wurden dort Geschosshülsen mit Pulver gefüllt und mit Zündern versehen. Beim Einsetzen eines Zünders in eine Granate, kam es am 20.August 1940 zu einer Explosion, bei der eine Arbeiterin starb. Hier im F-Gebiet waren bei der Herstellung und Verladung der Munition bis zu 600 Menschen, vor allen ausländische Zwangsarbeiter eingesetzt. Untergebracht waren sie in drei Barackenlagern. Eines, ein ehemaliges Lager des Reichsarbeitsdienstes, befand sich an der Landstraße bei Kleinfurra. Hier waren vor allen Dingen Franzosen und Belgier untergebracht. Ein zweites im Bereich von Wernrode und ein drittes lag direkt innerhalb des Fertigungsgebietes.
Auch sowjetische Kriegsgefangene, die in einem separaten Teil des Lagers in Wernrode stationiert waren, der mit Stacheldrahtumzäunung umgeben war, wurden beschäftigt. Auch aus einem bewachten Lager bei Nordhausen kamen Ostarbeiter, polnische Zwangsarbeiter für niedere Arbeiten in den Transportkolonnen, kenntlich an den Armbinden mit Nummern am linken Oberarm. Bei der Munitionsfertigung und der Lagerhaltung im Schacht waren bis zu 1000 Zwangsarbeiter tätig.
Unter den in der HMA eingesetzten Deutschen waren viele Frauen und Mädchen, wenig Freiwillige, hauptsächlich Zwangsverpflichtete. 211 Personen fuhren unter Tage ein, teils freiwillig, weil der höhere Stundenlohn und die Zusatzkarte für die rationierten Lebensmittel, wie Fleisch, Butter, Fette, Speck, Käse, Zucker, Marmelade, Milch und Eier, Brot und Kartoffeln lockten, teils kommandiert. Es wurde in Schichten auf der „Muni“ bzw. „Muna“, wie die HMA auch genannt wurde, gearbeitet. Am 29. Juli 1942, ereignete sich in der HMA Wolkramshausen, im Schacht „Ludwigshall“ beim Lagern von Munition ein schweres Unglück.
Frank Baranowski schreibt in seinem Buch „ Die Umwandlung von Kaliwerken im Südharzrevier zu unterirdischen Heeresmunitionsanstalten während der NS – Zeit“ folgendes: „ Um 13.15 Uhr, unmittelbar nach der Mittagspause der Schicht, explodierten im Munitionslagerraum 68 auf der 660-m- Sohle weit über fünftausend Granaten, gefüllt mit etwa 8,4 Tonnen Sprengstoff. Bis zum 2. August um 3.00 Uhr erschütterten Folgedetonationen das Umfeld. Am Unglückstag arbeiteten 211 Personen unter Tage. 145 Menschen, darunter 47 Frauen, kamen ums Leben.
Die hohe Zahl der Opfer ist darauf zurückzuführen, dass die zwischen der Schachtröhre und dem Unglücksraum vorhandenen Wettertüren in Atome zertrümmert wurden. Die giftigen Gase zogen somit nicht zum ausziehenden Schacht „Immenrode“ ab, sondern stauten sich im Grubenfeld Ludwigshall. Die Rettungsarbeiten wurden dadurch erschwert, dass sich der Förderkorb des Schachtes Ludwigshall durch die Wucht der Explosion in der Schachtröhre verkantet hatte und nicht genutzt werden konnte.
Ein Rettungsversuch über den 1,5 km entfernten Schacht Immenrode blieb aufgrund der geringen Einsatzreichweite der vorhandenen Atemgeräte ohne Erfolg. Etwa eine Stunde nach der Explosion konnte durch zwei Ventilatoren die normale Wetterführung zwischen den Schächten annähernd wieder hergestellt werden. Der eine Ventilator stand im Schacht Immenrode und saugte die Rauchgase ab, der andere in Ludwigshall und drückte Frischluft in den Schacht.
So konnten die Rettungsmannschaften die Fahrten (Leitern) des Schachtes Ludwigshall wenigstens zum Einstieg bei der Rettung der Überlebenden ohne Sauerstoffverbrauch aus den Atemgeräten nutzen.
Durch die Explosion wurden 43 Personen auf der Stelle getötet, 102 verloren ihr Leben durch CO Vergiftung. Unter den Toten waren auch viele Menschen aus den umliegenden Dörfern zu beklagen. Aus Kleinfurra kamen z.B. 8 Menschen, aus Großfurra 4 und aus Wolkramshausen 9 ums Leben.
aus Hainrode betraf es
7 Personen:
Richard Wandt,
Fritz Groschopp,
Kurt Appenrodt,
Artur Schmidt,
Elisabeth und Luzie Engel
und Henny Blume.
Bezug zu den Familien-
siehe Anlage
Im Bericht des OKH hieß es danach: „ Der Schachtfüllort bot ein Bild fürchterlicher Zerstörung, desgleichen auch die Förderstrecke auf der 660-m-Sohle. Von Schienen war teilweise überhaupt nichts mehr zu sehen. Ein Förderwagen war z.B. mit einer derartigen Wucht an den Stoß geworfen, dass er reliefartig an ihn angeklebt war.“ Bis auf den Unglücksraum blieben jedoch alle anderen Munitionslagerräume von der Explosion verschont, so auch der direkte Nachbarraum 67, der mit Kartuschen für die leichte Feldhaubitzen belegt war. Die Kommission die den Vorfall im Auftrag des OKH untersuchte, fand keine Anhaltspunkte für Leichtsinn, Sabotage oder Feindeinwirkung. Als Ursache vermutete man einen defekten Zünder.
Trotz des Unglücks ging der Betrieb der HMA weiter. Im Juli 1945 bis etwa 1947 nahm die sowjetische Armee von den Anlagen der ehemaligen „Muni“ Besitz und demontierten vieles. Vor eineinhalb Jahren begann man nun die ehemalige Schachtröhre des Kalischachtes „Ludwigshall“ zu verfüllen und mit einem Betondeckel zu verschließen.
Am 29.06.2013 wurde mit einer feierlichen Abschlussveranstaltung eine Schachttafel mit den Daten des ehemaligen Bergwerkes enthüllt. Die Gedenktafel der Namensliste der Opfer der Katastrophe vom 29.Juli 1942 wurde an Ort und Stelle unter Tage belassen.
Lieber geneigter Leser, wenn du mehr über das Unglück erfahren möchtest, so empfehle ich dir das lesenswerte Buch „Das Unglück“ von Ralph Ardnassak.(Taschenbuch: 138 Seiten, Verlag: united p.c., erschienen: 19.April 2013, Preis: 16,40 Euro) Dieses Buch ist der erste literarische Versuch, den Hergang und die Begleitumstände jener gewaltigen und zugleich mysteriösen Explosion aufzuhellen. Es ist das zaghaft tastende Bemühen, auch nur annährend das Grauen nachzuvollziehen, dass unter Sterbenden und Überlebenden in der Panik und Hitze und Enge der Stollen geherrscht haben muss, nachdem dort 5000 Granaten explodierten und eine Rettung über die zerstörten Förderkörbe nicht mehr möglich war.
Horst Rasemann
https://www.kyffhaeuser-nachrichten.de/news/news_lang.php?ArtNr=141743
Teil 2 / Anlage
zum Grubenunglück
vom HMV
Hainröder Opfer des Grubenunglückes von 1942
Name |
Bezug zur Familie |
wohnhaft – siehe Haus heute |
Richard Wand |
Vater von Inge Reidemeister, geb. Wandt |
bei Frisör „Stange“ |
Fritz Groschopp |
Vater von Fritz Groschopp, Schwiegervater von Käthe, |
bei Ilse Menzel in Ziegelwiese |
Kurt Appenrodt |
Vater von Adolf Appenrodt; Opa von Adolf war „Onkel Lullen“? |
bei Frau Kellermann im Obergeschoss |
Artur Schmidt |
Vater von Rosemarie (Lieschen) Schmidt |
bei Günther Becker; und bei Kaadens gemeinsam mit ...Strube |
Elisabeth und Luzie Engel |
Töchter vom „Landrat“ Bruder August Engel |
bei Jürgen Menzel am Lindenplatz; Ottilie Wiechmann hat hier den Haushalt geführt = Mutter von Ilse Menzel; |
Henny Blume |
Schwester vom Frisörmeister Blume |
bei Sauers, neben Friedhof |
Teil 3 / aus:
http://www.fotoshop-deutsche-geschichte.de
Die Umwandlung von Kaliwerken zu unterirdischen Heeresmunitionsanstalten
Bei gleich bleibender Nachfrage nach Kalidünger hatte ein kaum gezügeltes Gründungsfieber die Zahl der deutschen Kalischächte bis 1921 auf 229 steigen lassen. Aber das Kriegsende 1918 und die Abtretung des Elsass beendete die Monopolstellung der deutschen Kaliindustrie auf dem Weltmarkt; die so entstandene ausländische Konkurrenz legte dramatisch die unzureichende Rentabilität vieler Kaliwerke offen. Um Kapazitäten abzubauen und ausgewählten Kaliproduzenten die Überlebensfähigkeit zu sichern, verbot die Weimarer Reichsregierung am 22. Oktober 1921 per Notverordnung, neue Schächte niederzubringen. Bis 1933 wurden von den bestehenden 229 Kaliwerken 125 entweder zu Reserveanlagen erklärt oder zur gänzlichen Stilllegung in den kommenden 20 Jahren verurteilt. Ein umfassender Konzentrationsprozesses setzte ein. 1932 gab es nur noch 38 Schächte, die sich durch Stilllegungen freigewordene Förderquoten übertragen ließen und so ihre Produktion ausweiteten, während 66 auf Reserve gehalten wurden. Hierdurch wurde die Region Werra-Fulda der dominierende Schwerpunkt der deutschen Kaliindustrie. Etwa 80 % des Absatzes entfielen auf die drei großen Kaligesellschaften Wintershall AG (41 %), Vereinigte Salzwerke Salzdethfurth AG (24,5 %) und die Magdeburger Burbach-Kaliwerke AG (14,7 %).
Die Reserveschächte wurden von den Kaliproduzenten betriebsbereit gehalten und zumeist als Wetter-, Seilfahrts- und Materialschächte genutzt. Vor allem im Staßfurter und Hannover-Braunschweigischen Revier gingen Kalischächte wegen des geringen Kaligehaltes im Rohsalz außer Betrieb. Auch im Südharz-Untstrut-Revier ließ die regionale Kaliindustrie schon in den 1920er Jahren den Betrieb in 20 Schächten befristet auslaufen oder legte ihn auf Dauer still; lediglich 30 Schächte blieben in Betrieb oder wurden betriebsfähig gehalten, davon 21 für die Rohsalzförderung. Da sich die Werke die Möglichkeit offenhielten, Reserve- oder stillgelegte Schächte später wieder in Betrieb zu nehmen, mussten sie sie mit hohem Finanzaufwand unterhalten werden. Gern wälzten sie daher die immensen Instandhaltungskosten auf das Reich ab, banden so gleichzeitig die Arbeitskräfte, indem sie ihre stillgelegten Werksanlagen und Schächte bereitwillig der Reichswehr als Lagerstätten für Munition und weitere vor der alliierten Kontrollkommission zu verbergende Güter zur Verfügung stellte.
Vorreiter war die Wintershall AG in Kassel, die schon Anfang 1934 dem Reich ihr Werk in Bernterode zum Zwecke der Erprobung überließ und nach erfolgreichen Lagerungsversuchen weitere stillgelegte Kalischächte offerierte. Ein umfassendes, anfangs noch verdecktes Programm unterirdischer Lagerstätten kam auf diese Weise in Gang. Selbst die zuständigen Bergbehörden erfuhren erst im April 1934 von den seit Monaten bestehenden Planungen und sogar verwirklichten Baumaßnahmen der Reichswehr. Der Versailler Vertrag hatte der Reichswehr für jeden ihrer sieben Wehrkreise nur eine Munitionsanstalt zugebilligt. Um diese Beschränkungen zu unterlaufen, entwickelte das Militär den Plan, heimlich unterirdisch verborgene Munitionslager einzurichten. Zunächst ausschließlich in engen Kreisen der Regierung diskutiert, traten diese frühen Vorbereitungen eines Angriffskriegs zur Revision des Versailler Vertrages erst ans Licht, als das Reich ein Grundstück unmittelbar neben dem Kalkwerk Mariaglück bei Celle erwarb. Am 13. April 1934 forderte das Bergamt vom übergeordneten RWM Auskunft „über den Verwendungszweck des kürzlich von einer ungenannten Reichsstelle aufgekauften Geländes“.
Am 18. April 1934 meldete sich der Reichswehrminister persönlich per Telefon beim Oberbergamt Clausthal-Zellerfeld. Er dürfte die Pläne der Reichswehr mitgeteilt haben, denn im Bestätigungsschreiben vom 17. Mai 1934 war davon die Rede, dass von „der Anstalt“ zur Grube eine Warnanlage einzurichten und dem Oberbergamt im Falle einer stärkeren Nutzung der Grubengebäude Nachricht zu geben sei. Die Reichswehr hingegen hatte darauf gedrängt, ihre künftigen Untertage-Munitionsanstalten ganz aus der Zuständigkeit der Bergbehörden herauszulösen, um sich bergrechtlichen Vorschriften zu entziehen. Obwohl bereits seit April 1934 zahlreiche Kaliwerke in die Verfügung der Reichswehr übergegangen waren, war die Kompetenzfrage noch ungeregelt, wie eine interne Notiz des Oberbergamtes vom 14. April 1935 verrät: „Über die Abgrenzung der Aufsichtsbefugnisse zwischen der Bergbehörde und den militärischen Stellen“ wären noch keine Abmachungen getroffen worden. Auch habe die Bergbehörde keine Kenntnis vom Inhalt der zwischen der Reichswehr und den Kaligesellschaften geschlossenen Verträge.
Bis Mai 1935 war das Wirtschaftsministerium davon ausgegangen, dass die Heeresverwaltung nur stillgelegte Kaliwerke umnutzte, für die eine spätere Wiederaufnahme des Betriebes ohnehin nicht mehr in Frage käme. Dagegen richteten sich die Bemühungen der Reichswehr auch auf nur vorläufig stillgelegte Kaliwerke. Kompromisse waren einzugehen, zumal das Reichswirtschaftsministerium mit Schreiben vom 31. Mai 1935 zugestanden hatte, dass die „von der Bergbehörde für erforderlich gehaltenen Maßnahmen […] im Wege gegenseitigen Einvernehmens mit der Militärbehörde“ zu treffen wären. Anfang September 1935 teilte der Reichskriegsminister und Oberbefehlshaber der Wehrmacht dem Wirtschaftsministerium mit, nunmehr bestünden keine Bedenken mehr gegen eine Übertragung der Aufsicht über die vom Heer zur Munitionslagerung in Anspruch genommenen Kalibergwerke, was Fragen der Bergsicherheit angehe.
Bei Kriegsende existierten Munitionsanstalten in 25 Kaliwerken mit 48 Schächten; der Schacht Heidwinkel II in Grasleben im Landkreis Helmstedt war für die Munitionslagerung sogar erst neu niedergebracht worden. Im Südharzrevier blieb es bei den fünf Heeresmunitionsanstalten Bernterode, Kleinbodungen, Obergebra, Sondershausen und Wolkramshausen. Das Heer hatte zudem begonnen, auch die Nordhäuser Kaliwerke, Eigentum der Wintershall AG Kassel, zu Munitionslagern umzubauen, bis die Arbeiten aus Kostengründen im vorletzten Kriegsjahr eingestellt wurden. Die in den Bergwerken eingerichteten Munitionsanstalten boten im Vergleich zu oberirdischen Anlagen ein Vielfaches an Aufnahmekapazität, allerdings bei weitaus höheren Gestehungskosten. So wandte das Heer bis Sommer 1939 allein für den Ausbau der Munitionsanstalten Hänigsen, Ahrbergen, Diekholzen, Sehnde, Lehrte, Godenau, Volpriehausen, Neuhof und Herfa weit über 70 Millionen RM auf.
Bis Sommer 1942 maß das Heer der Sicherheit seiner unterirdischen Munitionslager nur untergeordnete Bedeutung bei. Nach Sprengversuchen im Kaliwerk Riedel sah die Wehrmacht keine Veranlassung, Maßnahmen zum Schutz der Untertagelager zu ergreifen. Erst das Unglück in der Heeresmunitionsanstalt Wolkramshausen am 29. Juli 1942 bewirkte ein Umdenken. Dort ereignete sich in einer etwa 250 m vom Schacht entfernten Untertage-Kammer, in der scharfe Munition gestapelt war, eine Explosion. Sie griff auf beladene Förderwagen über, die in den Zugangsstrecken abgestellt waren. Insgesamt explodierten etwa 8.000 t Sprengstoff. Dabei starben mindestens 145 Personen, überwiegend den Erstickungstod. Die Explosion hatte die Seilfahrtseinrichtungen zerstört; weder Überlebende noch Rettungsmannschaften konnten sie benutzen. Erst nach diesen Erfahrungen ließ die Wehrmacht Schutzräume für ihr Untertage-Personal einrichten. Als seit Herbst 1943 der Bombenkrieg der Alliierten generell zwang, kriegswichtige Betriebe vor Luftangriffen unter der Erde zu schützen, versuchten andere Stellen der Kriegsführung vom RLM bis zum Speer-Ministerium, sich der vom Heer ausgebauten und genutzten Kalischächte zu bemächtigen, konnten sich aber gegen das Oberkommando der Wehrmacht nur vereinzelt durchsetzen. (C) Frank Baranowski 2015
Teil 4 / und aus:
Schacht "Ludwigshall"
Wolkramshausen (Th)
RW4412628, HW 5698331
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Von 1905-1907 abgeteuft, Teufe 680 m
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Das Bergwerk Ludwigshall wurde zunächst als Einzelschachtanlage betrieben, bevor 1911 der Durchschlag mit der Grube Immenrode erfolgte.
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1924 wurde das Bergwerk stillgelegt, 1936 übernahm die Heeresverwaltung die Schachtanlage zur unterirdischen Munitionslagerung und machte sie durch Sümpfen und Reparaturen wieder befahrbar
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Am 29.07.1942 ereignete sich in der Grube Ludwigshall beim Einlagern von Munition eine Explosionskatastrophe. Es detonierte über 5000 Granaten, welche mit etwa 8,4 Tonnen Sprengstoff gefüllt waren. Am Unglückstag arbeiteten 211 Personen unter Tage von denen 145 ums Leben kamen
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Die Teilverwahrung der Schächte erfolgte 1955 mittels Pfropfen
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Überlegungen zur Nutzung des Grubengebäudes als Untergrundgasspeicher führten Ende der 1970 er Jahre zu umfangreichen Aufwältigungsarbeiten, die jedoch 1980 eingestellt wurden
(Der Schriftsteller Ralph Ardnassak versucht in seinem Buch "Das Unglück" den Hergang und die Umstände der mysteriösen Explosion am 29. Juli 1942 um 13,15 Uhr in 660 m Tiefe nachzuzeichnen, bei der 145 Menschen ihr Leben lassen mußten.-Verlag united p.c. ISBN: 978385040937-7)
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Im Jahre 1906 gründeten die Kaliwerk Ludwigshall Aktiengesellschaft und die Nordhäuser Kaliwerke Aktiengesellschaft die Elektrizitätswerke und Chemischen Fabriken G.m.b.H. zu Wolkramshausen. Dieser Gesellschaft schloss sich im Januar 1908 die Gewerkschaft Immenrode an. Für die Gründung der Elektrizitätswerke und Chemischen Fabriken G.m.b.H. sprachen insbesondere wirtschaftliche Aspekte. So ermöglichte die räumlich konzentrierte Lage der drei Kalibergwerke die Schaffung einer gemeinschaftlichen Zentrale für die Bereitstellung von elektrischer Energie und Dampf sowie zur Verarbeitung der geförderten Rohsalze und Absetzung der Fertigprodukte. Im September 1907 wurde auf Ludwigshall eine Chemische Fabrik in Betrieb genommen, in welcher die in den Gruben Ludwigshall und Immenrode sowie die in der bei Hain gelegenen Grube der Nordhäuser Kaliwerke geförderten Rohsalze verarbeitet wurden (DEUTSCHLANDS KALI-INDUSTRIE 1908). Die zur Beförderung der Rohsalze von den Nordhäuser Kaliwerken und der Grube Immenrode zur den Chemischen Fabriken Ludwigshall errichteten Drahtseilbahnen wurden 1907 (Seilbahn Nordhäuser Kaliwerke-Ludwigshall) und 1908 (Seilbahn Immenrode-Ludwigshall) in Betrieb genommen. Zwischen der zentralen Chemischen Fabrik Ludwigshall und der Bahnlinie Erfurt-Sondershausen-Nordhausen wurde ein Werksbahnanschluss zur Bahnstation Kleinfurra hergestellt.
Die Gruben Ludwigshall und Immenrode wurden zunächst als Einzelschachtanlagen betrieben. Der Forderung der Bergbehörde hinsichtlich der Herstellung eines zweiten fahrbaren Ausganges für jedes Bergwerk wurde durch eine unterirdische Verbindung zwischen den Gruben Ludwigshall und Immenrode entsprochen. Im Jahre 1911 erfolgte der Durchschlag zwischen beiden Gruben (BONK 1970).
Gegenstand des Abbaus in den Gruben Ludwigshall und Immenrode war das Kaliflöz Stassfurt, welches hier überwiegend carnallitisch ausgebildet ist. Als Abbauverfahren stand hauptsächlich ein streichender und schwebender Kammer- bzw. Firstenkammerbau in Anwendung. Der Abbau erfolgte im Teufenbereich von ca. 610 m bis 640 m in der Grube Ludwigshall bzw. 788 m bis 822 m in der Grube Immenrode (BONK 1970).
Der deutschen Kalikonjunktur in den Jahren vor Beginn des ersten Weltkrieges folgte in den Nachkriegsjahren ein Niedergang. Das Kalimonopol des Deutschen Reiches wurde mit der Übernahme der elsässischen Kaliwerke durch Frankreich durchbrochen.
Zur Erhaltung der Konkurrenz- und Leistungsfähigkeit wurde mit Nachdruck an einer umfassenden Reorganisation der deutschen Kaliindustrie gearbeitet. Am 22.10.1921 erließ die Reichsregierung die sogenannte Stillegungsverordnung, welche einen rigorosen und umfassenden Konzentrationsprozess in der deutschen Kaliindustrie auslöste. Die unter ungünstigen Bedingungen und mit erhöhten Selbstkosten arbeitenden Werke wurden stillgelegt und deren Produktion auf die effizienter arbeitenden Werke übertragen. Die Stillegungsmaßnahmen betrafen insbesondere die kleinen Carnallititwerke mit relativ geringen K20-Gehalten im Rohsalz und hohem, in seiner Beseitigung problematischem Endlaugenanfall. Zu diesen Werken zählten auch Ludwigshall, Immenrode und die Nordhäuser Kaliwerke. Entsprechend der Stillegungsverordnung wurden in den Folgejahren die Nordhäuser Kaliwerke aufgegeben und die Gruben Ludwigshall und Immenrode nach Einstellung der Produktion im Jahre 1924 in Reserve gehalten (DUNCKER 1929, BONK 1970).
Nachnutzung der Bergwerksanlagen als Heeresmunitionsanstalt
Im Zuge der Aufrüstung des Deutschen Reiches wurden schon in den ersten Jahren der Nationalsozialistischen Herrschaft Vorbereitungen zur Untertageverlagerung von Kriegsgütern getroffen, da hierdurch eine Überschreitung der genehmigten Höchstmengen an Kriegsgütern durch die Überwachungsorgane des Versailler Vertrages kaum zu kontrollieren war. Das NS-Regime nutzte die Krise der Kaliindustrie indem es Heeresmunitionsanstalten in stillgelegten oder unrentabel gewordenen Kalibergwerken einrichtete.
Erste Versuche zur unterirdischen Aufbewahrung von Munition fanden im Mai 1934 im Kalibergwerk Bernterode statt. Die Versuche zeigten, dass sich Grubenbaue im Carnallitit nicht zur Munitionseinlagerung eigneten. Die hygroskopischen Eigenschaften des Carnallitits führten zum Niederschlag der Wetterfeuchte an den Hohlraumkonturen und die sich ablösenden Tropfen riefen starke Ätzwirkungen an den Munitionsteilen hervor. Hohlräume im Steinsalz und Hartsalz hingegen erwiesen sich als vollkommen trocken und für die Munitionseinlagerung geeignet (BARANOWSKI 2000).
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges existierten Munitionsanstalten in 25 Kalibergwerken. Die Grube Ludwigshall wurde 1936 vom Reichswehrfiskus zum Zwecke der unterirdischen Munitionslagerung übernommen. Hierfür wurden in der Grube Ludwigshall neben alten, entsprechend umgestalteten Abbaukammern vor allem neu aufgefahre Hohlräume mit einer Grundfläche von 22,5 x 18 m2 und einer Höhe von 3 m benutzt. Das durch die Auffahrung der untertägigen Lagerräume freigewordene Haufwerk wurde in alte Grubenbaue versetzt und auf die übertägige Halde verstürzt (BONK 1970). Auf Grund unzureichender Lagerkapazität beschloss das Oberkommando der Wehrmacht im November 1937 die Schachtanlage Immenrode ebenfalls als Heeresmunitionsanstalt zu nutzen. Der Umbau ging hier allerdings, da Material und Arbeitskräfte fehlten, nur schleppend voran, so dass zusätzliche Lagerräume unter Tage nicht mehr in vollem Umfang fertiggestellt werden konnten.
Im Jahre 1939 wurde das zur Heeresmunitionsanstalt zugehörige übertägige Fertigungsgebiet in unmittelbarer Nähe des Steinweges Kleinfurra-Wernrode (vgl. Anlage 1) in Betrieb genommen
(BARANOWSKI 2000).
Nach der Schließung der Gruben Ludwigshall und Immenrode im Jahre 1924 wurden in den Schächten unterhalb der Tübbingsäulen hölzerne und mit Dachpappe belegte Traufenbühnen eingebaut. Die sich hier ansammelden Schachttropfwässer wurden im Schacht Ludwigshall über eine Rohrleitung in die Weststrecke auf der 660 m-Sohle geleitet. Im Schacht Immenrode hingegen wurde eine Rohrleitung nicht eingebaut. Die Schachttropfwässer liefen hier durch ein in der Mitte der Traufenbühne befindliches ca. 10-12 cm großes Loch in das Grubengebäude Immenrode (BAUER 1955). Hierdurch sind im Zeitraum von 1926 bis 1938 die Grubenbaue unterhalb - 523 mNN geflutet worden. Im Jahre 1939 wurden aus dem Schacht Immenrode ca. 45.000 m3 Lauge nach über Tage gehoben. Lediglich die 6., 7. und 8. streichende Strecke blieben mit Lösungen erfüllt (BONK 1970, MESSENBRINK U. RICHTER 07/1980).
Die Tageswässer verursachten starke Aussolungen in der Grube Immenrode im Bereich des Schachtsumpfes und der Füllörter auf der 788 m- (-493,05 mNN) und 822 m-Sohle (-526,40 mNN). Die Auflösungsprozesse führten nahe des Füllortes in der Hauptförderstrecke auf der 822 m-Sohle (-526,40 mNN) zur Entstehung von Lösungsschramen in den Streckenstößen mit Lösetiefen von bis zu 32 m senkrecht zum Streckenverlauf. Im Anschluss an die Sümpfungsarbeiten wurde der Schacht Immenrode und dessen Füllörter instandgesetzt. Die Schachtröhre wurde durch das Betonieren der Lösungshohlräume gesichert. Die durch Auflösungsprozesse entstandenen Hohlräume im Bereich der Füllörter wurden mit Betonpfeilern, Holzkästen und Trockenmauerwerk aus Steinsalzblöcken ausgebaut sowie die Zwischenräume versetzt (BONK 1970,MESSENBRINK U. RICHTER 07/1980).
Am 29.07.1942 um 13 Uhr 20 Min. ereignete sich in der Grube Ludwigshall beim Einlagern von Munition auf der 660 m- Sohle ein schwerer Unfall. Im Munitionslagerraum Nr. 68 detonierten über 5000 Granaten, welche mit ca. 8,4 Tonnen Sprengstoff gefüllt waren. Am Tag des Unglücks waren 211 Personen in die Grube eingefahren. Hiervon kamen 145 Personen, darunter 47 Frauen, ums Leben. Der größte Teil der Verunglückten ist in den Explosionsschwaden erstickt, die sich dem Wetterstrom entgegen im Grubengebäude ausbreiteten und zeitweilig auch durch den einziehenden Schacht Ludwigshall nach über Tage ausströmten (BARANOWSKI 2000).
Von Ende 1945 bis 1949 wurden durch die sowjetische Besatzungsmacht die noch in der Grube Ludwigshall verbliebenen Munitionsbestände geborgen und schließlich vernichtet.
Untertagebohrungen zur Untersuchung der Liegendschichten und Teilverwahrung der Schächte Ludwigshall und Immenrode
Im Auftrag der Staatlichen Geologischen Kommission zu Berlin wurden im Zeitraum von 1951 bis 1953 im Grubenfeld Immenrode 6 Untertagebohrungen zur Untersuchung der Basisschichten der Stassfurtserie auf Erdöl und Erdgas sowie eine Untertagebohrung zur Ermittlung des Erzgehaltes des Kupferschiefers gestoßen. Die Erkundungsbohrungen auf Erdöl und Erdgas wurden als Schrägbohrungen in das Liegende mit einem Einfallen von ca. 30° und Längen von ca. 140 m bis ca. 227 m ausgeführt. Die Bohrung zur Untersuchung des Kupferschiefers wurde mit einer Länge von ca. 403 m vertikal in das Liegende gestoßen. Die Erkundungsarbeiten waren ergebnislos, da keine wirtschaftlich vertretbaren Rohstoffmengen in den liegenden Schichten aufgeschlossen wurden (REH U. GAERTNER 1955).
Nach Beendigung der Arbeiten zur Bergung des brachliegenden Betriebsmaterials im Grubengebäude wurden im Zeitraum von 1955 bis 1957 in den Schächten Ludwigshall und Immenrode unterhalb der Abschlusskeilkränze der Tübbingsäulen Betonscherpfropfen mit aufliegenden Tondichtungen eingebaut. Durch den Einbau der Pfropfen sollte das Eindringen von Schachttropfwässern in das Grubengebäude und dort die Entstehung von Lösungshohlräumen in den salinaren Schichten verhindert werden. In den Jahren 1955/56 ist im Schacht Immenrode der Süßwasserpfropfen im Teufenbereich von ca. 310 m bis 299 m eingebracht worden. Den Süßwasserpropfen im Schacht Ludwigshall baute man in den Jahren 1956/57 im Teufenbereich von ca. 178 m bis 167 m ein. Die Propfen wurden für die zu erwartenden Belastungen durch die sich über den Abdichtungen anstauenden Wassersäulen in den Schachtröhren bemessen. Durch die Querschnittsabdichtungen in den Schächten wurden Schnüffel- bzw. Entlüftungsrohre mit einem Durchmesser von ca. 90 mm geführt (MESSENBRINK u. RICHTER 10/1980, BONK 1970).
Arbeiten zur Nutzung der Grubengebäude als Untergrundgasspeicher
Im Zeitraum von 1970 bis 1973 sind innerhalb des Ministeriums für Kohle und Energie umfangreiche Untersuchungen zur Auswahl geeigneter stillgelegter Bergwerke als Untergrundgasspeicher durchgeführt worden. Bereits von 1968 bis 1970 errichtete der VEB Verbundnetz Gas Böhlitz-Ehrenberg mit Hilfe des damaligen VEB Schachtbau Nordhausen und der Bergakademie Freiberg im Grubengebäude des ehemaligen Kalibergwerkes Burggraf/Bernsdorf am Höhenzug der Finne einen Untergrundspeicher für Stadtgas (BARTEL 2003). Für die Einrichtung eines weiteren Untergrundgasspeichers im stillgelegten Kalibergwerk Ludwigshall-Immenrode ergaben sich aus mehreren Gesichtspunkten die besten Bedingungen. Auf der Grundlage eines Partei- und Ministerratsbeschlusses vom 30.09.1976 sowie eines Politbürobeschlusses vom 02.11.1976 wurde die Nutzung der Grube Ludwigshall-Immenrode als Stadtgasspeicher vorbereitet und im April 1978 die Baustelle eröffnet (ARNOLD 1980). Im Rahmen eines Wirtschaftsvertrages war im Mai 1976 die Verantwortlichkeit für die Grube Ludwigshall-Immenrode vom Rat des Bezirkes Erfurt (Rechtsträger für alten Bergbau) auf den VEB Verbundnetz Gas als Investauftraggeber übergegangen (ARNOLD 1982).
Im Rahmen der Arbeiten zur Errichtung des Gasspeichers waren die Aufwältigung der Schächte Ludwigshall und Immenrode einschließlich der Süßwasserpfropfen sowie die Instandsetzung des Ausbaus in den Schächten vorgesehen. Für die Schächte war weiterhin der Einbau jeweils einer gasdichten Querschnittsabdichtung im Teufenbereich des Leinesteinsalzes sowie jeweils eines Süßwasserpfropfens unterhalb des letzten Keilkranzes der Tübbingsäule geplant (ARNOLD 1980). Die Ein- und Ausspeicherung des Stadtgases sollte über Schacht Immenrode vorgenommen werden. Hierzu war die Errichtung einer Verbindungsleitung (ca. 25 km) zur Ferngasleitung Schkeuditzer Kreuz- Allmenhausen vorgesehen (RAT DES BEZIRKES ERFURT 1972).
Im Zeitraum von April 1978 bis März 1980 wurden über- und untertägige Arbeiten zur Errichtung des Untergrundgasspeichers in der Grube Ludwigshall/Immenrode durchgeführt. Im März 1980 wurde aus Kosten- und Effektivitätsgründen die Realisierung dieses Investitionsvorhabens, dessen Fertigstellung für das Jahr 1983 vorgesehen war, durch eine zentrale Entscheidung gestoppt. Bis zum Zeitpunkt des Abbruchs der Arbeiten zur Errichtung des Untergrundgasspeichers wurden in den Schächten Ludwigshall und Immenrode folgende Aufwältigungs- und Sanierungsmaßnahmen durchgeführt (ARNOLD 1982).
Schacht Ludwigshall
-Abriss des Schachtverschlusses und Instandsetzung des Schachtkopfes; Aufbau eines Fördergerüstes
-Abförderung des angestauten Süßwassers über dem Süßwasserpfropfen (ca. 800 m3 ) und Aufwältigung des Süßwasserpfropfens
-Restloses Entfernen der Schachteinbauten
-Abtasten der Tübbingsäule mittels Inspektionsbohrungen von einem Meter Tiefe und anschließendem Verpressen der Bohrungen mit Zementsuspension
-Abtasten des Mauerwerkes im Schacht mittels ein Meter tiefer Inspektionsbohrungen und Sanierung der Schadstellen
- Abförderung des aus abgestürzten Einbauten und aus gebrochenem Mauerwerk bestehenden Haufwerkes im Schachtbereich zwischen den Füllörtern der 1. (636 m Teufe) und 2. (660 m Teufe) Sohle
Schacht Immenrode
Nach dem Abriss des Schachtverschlusses und dem Aufbau der schachtbauspezifischen Ausrüstung konnte am 15.01.1980 mit der Aufwältigung begonnen werden. Auf Grund des Stopps der Arbeiten zur Errichtung des Untergrundgasspeichers im März 1980 wurde der Betonscherpfropfen im Schacht Immenrode belassen. Das Rauben der Einbauten, das Abtasten des Ausbaus mittels Inspektionsbohrungen und das anschließende Verpressen der Bohrungen mit Zementsuspension konnte somit nur oberhalb des Abdichtungsbauwerkes im Schacht Immenrode erfolgen (ARNOLD 1982).
Die Förderung des über dem Propfen in der Schachtröhre anstehenden Wassers wurde mit einem Sümpfungskübel begonnen. Bedingt durch einen plötzlichen Wasseranstieg konnte der Wasserspiegel nicht mehr abgesenkt werden. Es wurden Pumpen eingesetzt. Nach dem Absenken des Wasserspiegels stellte man fest, dass die Pikotage zwischen den Tübbingringen 112 und 113 in 252,5 m Teufe auf eine Länge von ca. 35 cm herausgedrückt war. Hier konnte ein Wasserzulauf zum Schacht beobachtet werden. Durch 14 Bohrungen mit aufgesetzten Hochdruckhähnen im Bereich der ausgebrochenen Pikotage konnte diese entlastet und repariert werden. Weiterhin wies das durch den Scherpfropfen bis nach über Tage eingebaute Kontrollrohr mehrere Lecks infolge Durchrostung auf. Es musste somit angenommen werden, dass durch das defekte Kontrollrohr Süßwasser in die Grube Immenrode gelangen konnte. Die Messungen des Wasserstandes über dem Scherpfropfen im Schacht Immenrode ließen dies bereits befürchten. Nach einem Anstieg der Wassersäule auf 81,5 m über dem Pfropfen im Zeitraum von 1955 bis 08/1964, wurde mit der Messung am 02.12.1964 einen Abfall des Wasserspiegels auf 10,35 m festgestellt. Für den nachfolgenden Zeitraum bis 1966 blieb der Wasserspiegel konstant bei etwa 10 bis 12 m über dem Pfropfen und stieg bis 1968 auf 38 m und bis 1980 auf 67 m an (MESSENBRINK u. RICHTER 10/1980).
Im Rahmen der Arbeiten zur Errichtung des Untergrundspeichers sollte der Zustand des Grubengebäudes eingeschätzt werden. Im Zeitraum vom 29.01.1980 bis 05.02.1980 sowie am 21. und 22.04.1980 wurden durch die Grubenwehren der Werke „Glückauf“ Sondershausen und „Karl Liebknecht" Bleicherode Befahrungen im Grubengebäude ausgehend vom Schacht Ludwigshall durchgeführt. Die geplante Befahrung der Grube Immenrode war nicht möglich, da in der Verbindungsstrecke von Ludwigshall nach Immenrode Laugen im Niveau von ca. —523 m NN angetroffen wurden. Der Einsatz wurde mit Wathosen bis zu einem Abstand von ca. 140 m zum Streckenkreuz Verbindungsstrecke Ludwigshall Immenrode/ Hauptförderstrecke Immenrode durchgeführt. Der Laugenstand betrug an dieser Stelle ca. 1 m. Auf Grund des weiteren Einfallens der Verbindungsstrecke in Richtung des Feldes Immenrode nahm der Laugenstand weiter zu und der Lösungsspiegel erreichte schließlich die Streckenfirste (ARNOLD 1980).
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Dipl.-Ing. Lars Baumgarten Stand 2003
Teil 5 / und aus :
1 - Wachgebäude, 2 - Wirtschaftsgebäude, 3 - Verwaltungsgebäude, 4 - Zünderabteilung,
5- Munitionsarbeitshaus, 6 - Pulverarbeitsraum, 7 - Pulverhaus, 8 - Schanzhaus,
9 - Luftschutzbunker