Schule Hainrode
Schule Hainrode
als Abschrift aus dem Boten von der Woebelsburg 1937
von Gudrun Zeitler, 2020
Jubiläum unserer neuen Schule
An seiner Westseite nach der Straße zu, liest man am Schulgebäude die Jahreszahl 1912. Sie will daran erinnern, dass in diesem Jahre die Einweihung der neuen Schule stattgefunden hat. Die Einweihung ist am 21. Oktober erfolgt. Seitdem sind schon wieder 25 Jahre verflossen. Das mag Anlass geben zu einem Rückblick.
Es sind verschiedene Jahre vergangen, ehe der Plan, eine neue Schule zu bauen, verwirklicht werden konnte. So hat erst vieler Verhandlungen bedurft, ehe die Dinge so weit gediehen waren, dass es möglich war, zum Bau zu schreiten. Es waren nicht geringe Schwierigkeiten zu überwinden, aber sie mussten überwunden werden, weil die Zahl der Schulkinder in ständigem Anwachsen begriffen war. Die Kaliindustrie hatte ihren Einzug ins Wippertal gehalten. Ganz andere Verdienstmöglichkeiten als bisher boten sich nun. Die wirtschaftlichen Verhältnisse besserten sich zusehends. So stieg denn auch gar schnell die Geburtenzahl an. Hatte sie 1903 nur 10 betragen, so betrug sie 1906 23, um 1907 bis zu 37 hinauf zu klettern. Die Schule zählte im Jahr 1908 über 120 Kinder. Es war unmöglich, dass sie in ausreichender Weise von nur einem Lehrer unterrichtet werden konnten. So erfolgte mit dem Oktober 1908, nachdem schon seit Anfang des Jahres daraufhin gedrängt worden war, die Anstellung eines zweiten Lehrers. Neben dem bisherigen einzigen Lehrer Helmhold, der zugleich das Organistenamt zu verwalten hatte, trat als zweiter Lehrer der Lehrer Otto Schleifer. Noch fehlte ein zweiter Klassenraum. Er bot sich in in dem Saal des von der Frauenhilfe als Gemeindehaus gebauten Auguste Viktoria - Hauses. Vier Jahre hindurch ist in ihm der Unterricht für die älteren Schulkinder erteilt worden. Natürlich musste alles getan werden, um möglichst bald einen zweiten Klassenraum zu beschaffen. Auch ging es auf die Dauer nicht an, dass der zweite Lehrer nur in einer Mietwohnung untergebracht war. Der zeitweilig aufgetauchte Plan, zu welchem das Konsistorium bereits seine Genehmigung erteilt hatte, das bisherige Schulzimmer im Küstereigebäude als Wohnung für den zweiten Lehrer auszubauen, wurde bald wieder fallengelassen. Ebenso zog der Schulvorstand seinen Antrag an die Regierung wieder zurück, gegen den sich auch ausdrücklich der Gemeindekirchenrat erklärt hatte, das Küstereigebäude zu verkaufen und eine neue Schule mit zwei Lehrerwohnungen zu bauen. Am 24. November 1910 war man so weit, dass der von der Regierung vorgelegte Entwurf zum Bau einer neuen zweiklassigen Schule mit der einzigen Einschränkung vom Schulvorstand und von der Gemeindevertretung gutgeheißen wurde, dass in das Gebäude nicht eine Wohnung für einen unverheirateten Lehrer eingebaut würde. Die Kosten waren auf rund 22000 Mark veranschlagt, von denen die Gemeinde zwei Drittel zu tragen hatte, während die Regierung ein Drittel übernahm.
Auch die Verhandlungen über den Bauplatz führten nicht sofort zum Ziele. Es gab manches Hin und Her. Dann aber kam doch eine Einigung zustande, das als Bauplatz für die neue Schule der zur Pfarrstelle gehörige Gras- und Obstgarten, der sogenannte Hopfengarten, bestimmt wurde. Zum Austausch hierfür wurde das Pfarrgrundstück um eine entsprechend große Fläche (970 Quadratmeter) vergrößert, die sich aus dem bisherigen Lehrergarten und aus einem Stück des alten Kirchhofs zusammensetzte. Der bisherige Lehrergarten wurde in der gleichen Größe, die er bis dahin besessen hatte, von der Nordgrenze auf die Südgrenze des alten Kirchhofs verlegt. Am 21. Oktober 1912 konnte endlich die Einweihung des neuen Schulgebäudes vorgenommen werden. Auch der Landrat Schaeper und der Kreisschulinspektor Hülsberg hatten sich dazu eingefunden.
Erst galt es Abschied zu nehmen von der alten Schule. Um 11.00 Uhr versammelten sich in ihr mit den Ehrengästen der Schulvorstand, Mitglieder der Gemeindevertretung und die Angehörigen der Schulkinder wie diese selbst. Der erste Lehrer Frohn , der seit dem 1. Februar 1910 in Hainrode tätig war und heute, nachdem er sich inzwischen den Doktortitel erworben hat, in Halle das Amt eines Rektors bekleidet, sprach herzliche Worte. Unter dem Gesang der Schulkinder ging es dann zur neuen Schule. Nach der Schlüsselübergabe durch ihren Erbauer, den Baumeister Friedrich Thelemann in Großwenden, dessen Wohnsitz seit längerem schon Kreuznach ist, betrat man die Schulräume. Die Festrede bei der nun beginnenden Feier hielt der Kreisschulinspektor Hülsberg. Auch der Landrat Schaeper und der Schulverbandsvorsitzende Kammerherr von Bila, die beide schon seit Jahren nicht mehr unter den Lebenden weilen, ergriffen das Wort. Ich selbst war durch Krankheit verhindert, an der Feier teilzunehmen. Mit einem Psalm wurde die für Hainrode so bedeutsame Feierstunde geschlossen. Im Hause des Kammerherrn von Bila vereinigte dann ein Festessen die Gäste, die Lehrer und den Schulvorstand. Für die Schulkinder aber gab es am Nachmittag in der Kellermannschen Gastwirtschaft allerlei Belustigungen. Wer den Tag miterlebt hat, wird ihn sicherlich noch lange in angenehmer Erinnerung behalten. Hainrode darf sich zu seiner schönen Schule, die sich in ihrer ganzen Bauweise vortrefflich dem Landschaftsbild einfügt, immer wieder beglückwünschen.
Heß
Druck und Verlag...... Köhler, Bleicherode, verantw. Schriftsteller Ernst Schäfer, Bleicherode